Ein neuentdecktes Versepos. Verfasser unbekannt. Vielleicht Homer.
1.Gesang: Vom Exil
Singe, o Muse, des Kirchenmannes bitt’res Exil
und vom glorreichen Los, das ihm zufiel
von hartem Kampf und Opfermut
von treuen Scharen, die vergossen ihr Blut.
Singe, o Muse, die dunkelste Stunde der Ecclesia
da sie von Feinden umgeben war
als die Lehre darniederlag
künde, o Muse von diesem traurigen Tag!
Als schwere Nebel verhüllten die Gipfel
der Insel, kein Zipfel
Land war zu sehen
zu hören war nur des Windes Wehen.
Der wackere Mann erhebt den Blick
und wendet ihn gen Festland zurück-
von eil’gen Wellen sicher getragen
entflieht das Schiff,
da spürt er des Schicksals eisigen Griff,
doch will der Tapf’re nicht verzagen.
Wie Napoleon einst an Elbas Strand,
wie Johannes im Exil,
wie Odysseus auf Circes Eiland,
kennt er nur ein Ziel:
Die Heimat zurückzugewinnen
Und dies Unterfangen sogleich zu beginnen.
In der Ferne gewahrt er der Fahnen,
sieht Ritter einen Weg sich bahnen.
Vor dem Einsamen hält der Troß
Und sie beklagen weinend sein Los,
geben ihm schnell das beste Ross
und führen ihn auf das alte Schloss.
Der Erste der ihren bittet sogleich:
O hoher Herr, so gnadenreich,
Sei du fortan Herzog, Geleit,
in diesem epochalen Streit.
Er nickt nur stumm und spendet den Segen,
da will sich heller Jubel regen.
Der erste Ritter gebietet Schweigen,
nun will sich alles tief verneigen.
„Nun, ihr Ritter, er ist da,
hier stehet, der uns führt fürwahr.
Nun hohen Mut, der Tag ist nah,
hier steht der Löwe von Malta!“
- Gesang: Von der Armada
Geschützt in einem alten Hafen
Haben sie nun lang geschlafen,
alte Schiffe, groß und mächtig
und selbst jetzt noch überprächtig.
Tag und Nacht wird nun gehämmert,
kaum, dass nur der Morgen dämmert:
Alle schaffen ohne Rast,
doch stets bedacht und ohne Hast,
die machtvolle Flotte aufzubauen:
Bald ist sie herrlich anzuschauen.
Wie die Armada scheint sie fast
Segel um Segel, Mast um Mast,
doch glücklicheres Schicksal als jener winkt
als der letzte Abend sinkt:
Es freut sich der Löwe von Malta,
er weiß, die Stunde ist gar nah
zu verlassen den Inselstrand
und zu erretten das Abendland.
Sie singen Ave Maris Stella
Und schon wird es hell und heller,
Die Segel gehisst, die Anker gelichtet,
weit und breit kein Feind gesichtet,
so segelt das mächtige, stolze Heer,
wie’s keiner sah auf Erden mehr
seit Agammemnons verwegene Schar
unterwegs nach Troja war.
Doch nicht gen Sizilien steuert das Schiff,
wie’s die Mannschaft bald begriff,
gen Osten, dem Atreiden gleich,
wendet sich das Schiff sogleich.
Da geht ein Raunen durch die Reihen:
Will man Konstantinopel befreien?
Der Kardinal erhebt das Wort,
da wird es mucksmäuschenstill an Bord:
„Ihr kennet doch die große Schuld,
die Raffgier, Bosheit, Ungeduld
über Byzantium gebracht
als Kreuzfahrer es einst niedergemacht:
Dies erst werden wir sühnen müssen,
bevor wir Italiens Erde küssen.
Mit Mut und Glaube segeln wir
Und tilgen die Schmach von 1204!
Zuerst ungläubig starren die Ritter,
manch einer traut seinen Ohren kaum
Wahrheit soll werden eitler Traum!
- Gesang: Von der Befreiung Konstantinopels
Einem gewaltigen Bollwerk gleich
Türmt sich am Bosporus die Stadt,
die nicht Ihresgleichen hat,
An marmornen Minaretten reich,
gebaut von Sinan, Armeniens Sohn,
als Kind geraubt der Mutter, der Zagenden,
so nahmen Osmanen unrechten Lohn,
von anderen Völkern, den Klagenden.
Oh, Stadt, marmorglänzendes Meer,
gegen dich segelt ein goldenes Heer,
und als sie erblicken die mächtige Stadt,
gibt’s keinen, der nicht im Herzen hat
ein wildes, drängendes Gefühl,
sogleich zu stürzen in Schlachtgewühl.
Ja, hier residierte einst ein Kaiser,
leider nicht immer ein guter weiser,
ja hier ist Byzanz, Konstantins Wehr,
wie könnt‘ es zerstören ein christliches Heer?
So hallet nach dem Angelus
Nur in die Luft ein einziger Schuss:
„Wir kommen, Byzantium zu befreien,
doch soll euch gar kein Unheil dräuen,
gebt frei die Stadt, gebt frei den Bosporus,
so ist mit unserm Angriff Schluss!“
Durch die Stadt geht ein angstvolles Raunen,
und ein unerhörtes Staunen,
da ruft es endlich einer laut,
obgleich er kaum seinen Augen traut:
„Flieht, ihr Narren,
hier können wir nicht siegreich ausharren!“
Vor den Toren steht Kardinal Burke,
da fliehet selbst der mutigste Türk.
Erdogan sieht’s knirschend ein:
Die Stadt ist nicht rechtmäßig sein.
Im Bußhemd zieht das Heer nun ein,
In einer großen Prozession
Die Stadt der Königin zu weih’n
Und zu empfangen himmlischen Lohn.
Zur Sankt Sophienkirche zieh’n sie hin
Und sind sie erst einmal dort drin,
der Akathistos laut erklinget
wie Glockenklang zum Himmel dringet:
So ist die Buße treu erbracht,
das Christentum nicht mehr entzweit,
der Himmel diesem Tage lacht,
vergessen der Vorväter Streit.
Nun, denkt der Löwe von Malta,
weiter geht es nun, fürwahr:
Dieses Geschenk dem Papst zu bringen
und der Kirche Frieden erringen
ist nun meine erste Pflicht,
drum harren wir hier weiter nicht!
4.Gesang: Von der Befreiung Roms
Viel von der Müsahl gäb’s zu berichten,
bevor die Recken Land nun sichten:
Stürme, Kälte, Hunger, Not,
wenig zu trinken und kaum mehr Brot.
Und sehnen sie sich auch nach Haus,
sie harren weiter tapfer aus.
Die Flagge mit dem Kreuz, dem roten,
gemahnet an die heil’ge Treu
und wenn auch Leid und Unheil drohten,
sie schenket Hoffnung immer neu.
Und schließlich, nach ungezählten Tagen,
als kaum noch sie zu hoffen wagen,
da sehen sie die Mündung des Tiber,
da fasst sie Taumel wie heftiges Fieber:
O Roma aeterna, o Roma Felix,
Nun hält uns niemand, nun hält uns nix,
wir sind gekommen, dich zu befreien
und den Glauben zu erneuen.
Die Pforten der Stadt verschlossen sind,
doch machtvoll steht der Löwe davor,
klopft gewaltig an das Tor,
da öffnet es sich ganz geschwind.
Hinein nun strömt das heil’ge Heer
Und niemand kann es hemmen mehr,
Es flutet in den Vatikan
Da sah man schon das Verhängnis nah’n.
Sie schwenken marianische Fahnen,
um sich ihren Weg zu bahnen,
da schließt das Volk sich ihnen an:
Es erwacht wie aus einem Wahn.
Man hatte ihnen stets verkündet,
dass dieses Heer, so’s eingezogen,
die heil’ge Stadt flugs angezündet
und dass man das Volk dann hart betrogen:
Doch nein, gleich zog man zu Santa Maggiore
Betet zuerst die Mittagshore,
Und den Rosenkranz gleich hinterher,
da hält es im Volke keinen mehr:
Viva di Malta il Leone,
Ruhm sei der Kirche treuem Sohne,
Mancher ruft nach der Kaiserkrone,
und alle wollen die Einigung mit Econe.
Doch wo ist er hin, der treue Held?
Hat ihn ein böses Schicksal gefällt?
Niemand weiß, wohin er eilte,
kaum, dass er in der Stadt verweilte-
er wäre ja nicht der Kirche Sohn,
wenn ihn verlangte nach irdischem Lohn!
Nein, sogleich sucht er den Heiligen Vater,
der sitzt allein in St. Marta,
ganz wie damals in Avignon,
doch hier nahet der Retter schon.
Führt ihn zurück in den Palast,
wo er nur noch selten Gast,
setzt ihn auf den päpstlichen Thron.
Da neigt sich der Papst und spricht „Mein Sohn,
ich hielt dich für einen infamen Verräter,
doch wurde ich hinters Licht geführt.
Sie haben in mir Zweifel geschürt.
Doch jetzt weiß ich, Kasper war der Täter!“
Nun wurde die Kirche von Ketzern befreit,
und Liebe umfing jeden, der bereut‘.
Die Liturgie erklang fern und nah
Gesungen von Franziskanern der Immaculata
Lehre und Pastoral osculatae sunt
Im ganzen weiten Erdenrund,
Verboten ward auch die Kirchensteuer,
auch wenn’s den Deutschen nicht geheuer,
kurz, es gab keinen Missstand,
den man nicht ausgeräumt im Land.
Das opfermutige Ritterheer
Kehrte gen Heimat sich freuend sehr,
sie hatten treulich ja gedient,
viel der alten Schuld gesühnt,
auch das Abendland gerettet,
worauf niemand je gewettet.
Was aber tat der Modernissimus,
dessen Regiment kam zum Schluss?
Der arme Kasper bekam einen Schreck,
und floh hinweg,
floh gar weit
in die Einsamkeit
als Büßer sein Leben zu weihen,
und herzlich zu bereuen.
Der alten Gefährten keiner
Blieb ihm treu, nein, auch nicht einer.
Nur eine Freundin gab ihm Geleit,
das war die falsche Barmherzigkeit.
Dies ist, wie’s wahrhaftig einst geschah,
Es lebe der Löwe von Malta!